Eine Weihnachtsgeschichte
24. Dezember, 03:25 Uhr:
24. Dezember, 08:15 Uhr:
24. Dezember, 10:45 Uhr:
Papa beschnuppert mich. Ich habe mal gehört, dass Hunde das machen, um zu überprüfen, ob das Gegenüber paarungsbereit ist. Anfangs habe ich dann immer gepupt, um ihn zu verjagen, aber das hat nicht viel gebracht. Ich glaube, Mama und Papa mögen einfach den Geruch. Sie nehmen mir dann immer meine Hose weg und verstecken sie irgendwo. Ich denke, ich sollte ihnen das Vergnügen einfach lassen, solange sie das Gleiche nicht von mir verlangen.
24. Dezember, 12:30 Uhr:
Hektik bricht aus. Mama redet seit Stunden davon, sie müsse noch duschen, aber sie könne sich nicht aufraffen. Ich habe sie dann angekotzt, um ihr die Entscheidung leichter zu machen. Hat auch funktioniert. Währenddessen zieht Papa mir neue Klamotten an. „Er sieht so süß aus in dem Anzug“, sagt Mama, als sie fertig ist mit duschen. Ich bin mir nicht sicher, ob das etwas Gutes ist. Ich meine, ich mag Mama und Papa ja auch, aber süß sind die beim besten Willen nicht. Abgesehen davon haben wir sowieso leichte Kommunikationsprobleme. Wenn Papa denkt, er bringt mich zum Lachen, dann lache ich ihn meistens einfach aus. Und Mama schaut mich dauernd so skeptisch an. Sie zieht dann eine Augenbraue nach oben und fragt mich, ob sie mir irgendwie helfen kann. Dabei ist das alles gar nicht so schwer: Wenn ich schreie, dann habe ich entweder Hunger, bin müde, habe eine volle Windel, habe Bauchweh, liege zu flach, sitze nicht richtig, sitze falsch herum, ist mir langweilig, habe ich nicht alles im Blick, will ich jemanden nerven oder mir sitzt einfach ein Pups quer. Aber ich denke, wenn Mama und Papa richtig sprechen gelernt haben, dann wird das alles auch etwas einfacher.
24. Dezember, 17:00 Uhr:
24. Dezember, 19:00 Uhr:
Papa ist in den Weihnachtsbaum gefallen, weil er über mein Fläschchen gestolpert ist. Ich meine, natürlich könnte ich das selber halten. Aber das ist eben auch anstrengend. Also ist mir die Flasche während des Trinkens heruntergefallen und dann ging alles ganz schnell. Oma hat gesagt, er sieht nun ein bisschen aus wie der Grinch. Ich weiß nicht, wer das ist, aber das ist auch egal. Den Trick mit der Flasche muss ich mir auf jeden Fall merken.
24. Dezember, 20:40 Uhr:
Mir werden ganz viele Geschichten erzählt. Es gibt Erzbengel und Bengel. Joseph Christian wurde in Bettlehem geboren und hat in einer Kippe geschlafen. Der Weihnachtsmann kommt immer mit seinem Knecht Robert und mit seinem Renntier Rudi mit der roten Nase. Tante Christina will später mal einen Weihnachtsmann aus Schnee mit mir bauen. Dann sammeln wir kleine Äste für die Arme, Steinchen für die Augen und eine Charlotte nehmen wir als Nase. Ich weiß zwar nicht, wie wir Mama im Gesicht befestigen wollen, aber irgendwie wird das schon gehen.