Können Hasen eigentlich auch depressiv sein?

Wenn ich an einen freilebenden Hasen denke, dann habe ich gleich das Bild eines glücklichen Tieres im Kopf, das in Zeitlupe und mit einem breiten Grinsen durch die sommerliche Blumenwiese hoppelt. Oder ich sehe einen auf der Landstraße liegen. Diese verkackte Depression…

Du bist wie du aussiehst. Oder?

Aber ganz ehrlich, ein Hase hoppelt viel zu niedlich durch die Gegend, als dass er depressiv sein könnte. Das würde doch überhaupt nicht ins Bild passen. Stellt euch mal vor, ich würde mich nur noch hüpfend fortbewegen, dann wäre ich auch nicht mehr depressiv. Weil das einfach viel zu süß aussähe, würde ich federleicht auf und ab hoppeln. Wenn ich dann schlecht gelaunt ’ne Fluppe ziehen würde, während ich vor mich hin galoppiere, dann könnte mich doch wirklich gar keiner mehr ernst nehmen. Also wäre ich fröhlich. Einfach, weil ich nicht unfröhlich aussehe.

Was für eine furchtbare Vorstellung, oder? Nicht jene, fröhlich durch die Gegend zu hoppeln, sondern so sein zu müssen, wie andere das von einem erwarten. Viele erwarten, dass Depressive ununterbrochen mit traurigem Gesicht und schlechter Stimmung ihr Leid zelebrieren. Das ist nicht so. Und es wäre schlimm, wenn wir so sein müssten, nur weil das ein gängiges Bild in den Köpfen vieler Menschen ist.

Depressiv zu sein heißt nicht gleich auch, immer traurig zu sein.

Ich habe Freunde, die waren nicht sonderlich verwundert, dass ich mich in Therapie begeben musste. Weil sie mich schon lange und gut kannten. Andere hingegen waren überrascht, weil sie davon gar nichts mitbekommen hatten. „Seit wann das denn? Davon wusste ich ja gar nichts“, hieß es dann schon fast vorwurfsvoll. Tja, was soll ich sagen? Klischees sind manchmal wohl einfach für die Tonne.

Ich habe Freunde, die waren nicht sonderlich verwundert, dass ich mich in Therapie begeben musste. Weil sie mich schon lange und gut kannten. Andere hingegen waren überrascht, weil sie davon gar nichts mitbekommen hatten. "Seit wann das denn? Davon wusste ich ja gar nichts", hieß es dann schon fast vorwurfsvoll. Tja, was soll ich sagen? Klischees sind manchmal wohl einfach für die Tonne.

Na gut, das äußere Auftreten sagt also nicht immer auch etwas über unser Innenleben aus. Das bedeutet aber nicht unbedingt, dass wir nicht authentisch sind oder anderen etwas vorspielen. Stellt euch mal vor, jemand mit einem gebrochenem Bein würde dauernd über eben jenes gebrochene Bein reden. Oder er würde es euch ständig vor die Nase halten und sagen „Hier, schau mal wie das hängt“. Das wäre genau so absurd, als würden wir anstatt des Beins unsere Seele auf einem Silbertablett servieren. Und das wollen weder wir noch die Menschen, mit denen wir zu tun haben. Zumindest nicht andauernd.

Bei mir zum Beispiel ist es oft so, dass ich unter Leuten eine ständige Anspannung habe, die aber eher im Hintergrund aktiv ist. Sie äußert sich dann meistens durch einen ganz unangenehmen Kloß im Hals. Kontrollieren lässt sich das nicht und kann immer kommen, egal wann, wo und mit wem. Aber in den meisten Fällen habe ich das inzwischen im Griff und kann es so weit in den Hintergrund rücken, dass es mich nicht zu sehr beeinflusst.
Das bedeutet jedoch nicht, dass ich nicht gerade da sein will, wo ich bin. Oder nicht mit den Leuten zusammen sein will, die mich umgeben. Das ist wieder ähnlich wie mit dem gebrochenen Bein: Es schmerzt, aber macht nicht gänzlich bewegungsuntauglich. So ist es auch mit der Seele: Sie schmerzt, aber oft können wir das aushalten.

Natürlich gibt es auch Tage, da lässt sich dieses Gefühl, dieser innere Schmerz nicht aushalten. Das sind dann die Tage, an denen wir uns zurückziehen, keinen Kontakt wollen, uns unter der Decke verkriechen. Das tut nicht immer unbedingt am besten, ist aber am einfachsten. Und für mehr als einfach reicht es dann oftmals schlichtweg nicht aus.

2. Informationen

Der depressive Gefühlspool ist immer präsent.

In der Klinik habe ich gelernt, besser einschätzen zu können, was für Gefühle bei mir gerade vordergründig sind. Das ist wichtig, um sich und den inneren Zustand besser zu verstehen und damit so gut es geht umgehen zu können. Und falls ihr das bei euch selbst mal ausprobieren wollt: Den aktuellen Gefühlen einen Namen zu geben ist tatsächlich schwieriger als gedacht, sicherlich auch für seelisch gesunde Menschen.

Ich würde also sagen, es ist der depressive Grundpool an Gefühlen, der vielen diesen Kloß im Hals verschafft und das Leben oft so schwer macht. Das können zum Beispiel Gefühle sein wie eine allgemeine Unzufriedenheit, Angst, Wut, Bedrücktheit, Trauer, Enttäuschung, etc.
Wenn dann etwas witzig ist, dann können wir in vielen Fällen auch lachen, solange uns dieser große Haufen an negativen Gefühlen nicht zu sehr in die Quere kommt. Nur das Erleben ist anders, weil diese dunkle Wolke immerzu über uns schwebt und auf viele Dinge einen schwarzen Schatten wirft. Das wäre eine Beschreibung, die zumindest auf mich zutreffen könnte.

Bei einigen kann es aber auch anders sein: Bei ihnen kennzeichnet sich die Krankheit durch ein immenses Gleichgültigkeitsgefühl. Sie beschreiben, nichts zu fühlen. Alles sei egal. Wenn das so ist, dann wird das auch mit dem Lachen nicht mehr so einfach.

Wenn ich also von „wir“ spreche, dann will ich nicht alle Depressionskranken über einen Kamm scheren. Jeder erlebt die psychischen Auswirkungen der Erkrankung individuell unterschiedlich. Ich habe einfach bereits viele (und nebenbei ganz tolle) Menschen kennenlernen dürfen, denen es ähnlich geht und ich weiß um die typischen Symptome und Eigenschaften, unter denen ein Großteil der Betroffenen häufig leidet. Sollte also jemand andere Erfahrungen machen oder gemacht haben, dann gehört das natürlich genau so zu den möglichen Symptomen der Erkrankung wie die von mir genannten.

Was ich nun damit sagen will: Wir sind nicht dauertraurig. Wir sind kein Klischee. Wir tragen nur etwas mit uns rum, das es schafft, bunte Dinge schwarz einzufärben. Oder sie farblos erscheinen zu lassen. Und das ist auch wirklich ganz großer Mist. Aber das ist kein Grund, immer auch danach auszusehen oder das Innere ständig nach außen zu kehren. Denn auch ein hoppelnder Hase kann depressiv sein.